Die typische Erkältung

Abbildung von Hilfsmitteln gegen Erkältung mit einer sich fragenden Grafil, welches zu nehmen ist

Die typische Erkältung – eine typische Indikation für Antibiotika?

 

Jeder von Ihnen hört momentan sicher wieder häufig die Sätze „Gerade geht wohl schon wieder etwas rum“ oder „Mich hat bereits die nächste Erkältung erwischt“ – doch selten hat man genaue Vorstellungen darüber, was eigentlich dahintersteckt und wie man es behandelt. Darüber möchten wir aufklären und informieren, um besser für die kommenden kalten Jahreszeiten gewappnet zu sein.

Selten zu überhören ist der Husten. Der durchschnittliche Erkältungshusten dauert um die 18 Tage, erst ab einer Dauer von über 8 Wochen gilt er als chronisch.

Über 90 % der akuten Husten-auslösenden Erkrankungen werden durch Viren verursacht. Häufige Erreger sind die Respiratorische Synzytial-Viren (RSV), Adeno-, Rhino-, Corona-, Influenza- und Parainfluenzaviren. Die saisonale (“echte”) Grippe, die gerne mal mit einer Erkältung gleichgesetzt wird, wird nur durch die Influenza-Viren verursacht. Ein Beginn der Erkältung mit Fieber über 38,5 Grad, intensivem Krankheitsgefühl und Muskelschmerzen sind Hinweise auf eine Ansteckung mit Influenza.

Im Gegensatz zu Bakterien helfen bei Viren keine Antibiotika. Deshalb wird Husten unterhalb einer Dauer von 8 Wochen und ohne Warnzeichen, z.B. ausgeprägte Luftnot, Brustschmerzen, blutige Auswürfe, hohes Fieber, Herzrasen (Tachykardie), gesteigerte Atemfrequenz (Tachypnoe) und mit Husten einhergehendes Erbrechen, lediglich symptomatisch behandelt. Dazu gehört ausreichendes Trinken und bei Bedarf das Inhalieren von Wasserdampf mit Salzen oder Medikamenten. Ergänzend hinzugezogen werden können pflanzliche Arzneimittel und bei (Kopf- oder Glieder-)schmerzen und Fieber die Schmerzmedikamente Paracetamol oder Ibuprofen.

Man kann zwischen produktivem und unproduktivem Husten unterscheiden. Produktiv meint dabei Husten mit Auswurf, unproduktiv den trockenen Husten. Ein weitverbreiteter Glaube ist, dass gelb-grüner Auswurf auf eine bakterielle Herkunft des Hustens hindeutet. Heutzutage ist dies umstritten und kein hinreichender Grund, um ein Antibiotikum einzunehmen. Ein beliebtes Mittel zur Behandlung von produktivem Husten ist das Acetylcystein, kurz ACC. Es soll den Schleim verflüssigen und somit das Abhusten erleichtern. Auch hier ist die Studienlage bezüglich der tatsächlichen Wirksamkeit ungeklärt. Obwohl es die Erkrankungsdauer nicht beeinflusst, ist es möglich, das Medikament zur Linderung der Symptome einzusetzen und selber zu schauen, ob man davon profitiert.

Sind die unteren Atemwege, also ab Beginn der Luftröhre bis in die Lunge, betroffen, wird von einer „akuten Bronchitis“ gesprochen. Die Therapie bleibt dieselbe.

Oft begleitet wird Husten von einer verstopften Nase und dem ständigen Schnauben dieser sowie häufigerem Niesen. Auch für den Schnupfen bzw. der akuten Rhinitis/(Rhino)sinusitis gilt, dass primär Viren als Auslöser gelten und eine symptomatische Therapie, z.B. mit Nasenspülungen und abschwellenden Nasentropfen, bei fehlenden Warnzeichen die bevorzugte Behandlung darstellt. Warnzeichen wären sehr starke Schmerzen, Gesichtsschwellung, anhaltendes Fieber und andauernde Schläfrigkeit.

Für die Nasentropfen gilt eine maximale Behandlungsdauer von 7 Tagen. Zum Ende hin sollte die Frequenz, mit der man die Nasentropfen verwendet, bereits verringert werden. Es hilft, die Nasentropfen auszuschleichen oder auf NaCl (Kochsalz)-haltige Tropfen umzusteigen. Unabhängig von der gewählten Behandlung sind 60 bis 80 % der Erkrankten 2 Wochen nach Erkrankungsbeginn symptomfrei.

Halsschmerzen sind bei Erkältungen leider selten wegzudenken. Für sie kommen verschiedene Ursachen infrage: u.a. Reizung der Atemwege infolge des Hustens, Schlafen mit offenem Mund (z.B. bei behinderter Nasenatmung) und die darauffolgende vermehrte Austrocknung des Rachenraums sowie die „Angina“ (akute [Tonsillo]pharyngitis), welche genauso größtenteils viral bedingt ist. Sie steht sowohl für die Entzündung der Rachenmandeln als auch des Rachens.

Bedeutet das nun, dass man sich bei den typischen Erkältungen vollständig von der Idee der Gabe von Antibiotika entfernen sollte? Ganz so kann man das nicht sagen. Von einer antibiotischen Therapie sollte vor allem bei dem Erkältungshusten ohne Warnzeichen bei ansonsten Gesunden abgesehen werden. Bei der Rhinitis oder Sinusitis, also wenn zusätzlich die Nasennebenhöhlen betroffen sind, kann man bereits bei starken Schmerzen und Fieber oder erhöhten Entzündungswerten (Leukozyten, CRP, BSG) eine Antibiotikagabe erwägen. Als wirksamstes Medikament wird dafür Amoxicillin verschrieben. Dieses gehört zu den Penicillinen.

Liegt eine Mandelentzündung (Angina tonsillaris) vor, sollte die Therapie bei hochgradigem Verdacht auf die Infektion mit Streptokokkenbakterien mit Penicillin V erfolgen.

Patient.innen mit einem geschwächten Immunsystem, z.B. im Rahmen einer suboptimal eingestellten paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie sowie unter immunsuppressiver Therapie, stellen eine Ausnahme dar. Anders als bei Gesunden ist ihr Immunsystem eher auf Unterstützung in der Erholung von Infektionskrankheiten angewiesen. Dementsprechend greift man schneller auf Antibiotika zurück, auch, weil länger bestehende virale Infektionen das zusätzliche Auftreten von bakteriellen Erregern (Superinfektion) begünstigen. In dem Falle der Immunsuppression wird die antiinfektive Therapie unter Amoxicillin mit Clavulansäure oder Sultamicillin ergänzt – Medikamente, die gegen eventuelle Resistenzmechanismen der Bakterien gerichtet sind, sodass diese dem Antibiotikum weniger gut „entfliehen“ können.

Zeigt die antibiotische Behandlung mit diesen Mitteln keine Wirkung, existieren alternative Antibiotika wie z.B. Doxycyclin oder Cefpodoxim.

Antibiotika sind in der Behandlung vieler Infektionskrankheiten nicht wegzudenken. Gerade im Krankenhausalltag, um welchen es im nächsten Teil dieser Reihe gehen soll, sind sie ungemein wichtig. Nicht weniger wichtig sind aber ebenso ihre Nebenwirkungen, die Kosten-Nutzen-Abwägung, der überflüssige Medikamenteneinsatz bei selbstlimitierenden Erkrankungen und die Entwicklung von Resistenzen seitens der Erreger.

Die beste Behandlung bei Infektionen bleibt die Vorbeugung dieser. So sollte man Abstand zu erkrankten Menschen wahren, sich regelmäßig die Hände mit Seife waschen und desinfizieren sowie sich nicht häufig ins Gesicht fassen. Bei eigenen Symptomen sollte nur in die Armbeuge gehustet und geniest werden, benutzte Taschentücher zügig entsorgt werden und nur das eigene Geschirr und Besteck verwendet werden.

Abschließend bleibt zu sagen übrig, dass man selbst bei typischen Erkältungskrankheiten seine.n Hausärzt.in aufsuchen sollte, sobald Unsicherheiten bezüglich der Behandlung oder  Komplikationen der Erkältung auftreten.

Als kleiner Tipp zum Schluss: Gerne einen kühlen Kopf bewahren, aber besser keine kühle Nase, da die verminderte Durchblutung zu einer erhöhten Anfälligkeit für Viren sorgt 😉

 

Quellen:

  • Smith SM, Fahey T, Smucny J, Becker LA. Antibiotics for acute bronchitis. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Jun 19;6(6):CD000245. doi: 10.1002/14651858.CD000245.pub4. PMID: 28626858; PMCID: PMC6481481.
  • DeGeorge KC, Ring DJ, Dalrymple SN. Treatment of the Common Cold. Am Fam Physician. 2019 Sep 1;100(5):281-289. PMID: 31478634.
  • Informationsmaterial des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin
  • Informationsmaterial des Instituts für Allgemeinmedizin, Charité Universitätsmedizin Berlin
  • Herold, G. et al.: Innere Medizin. Dr. Gerd Herold. 11. Auflage. 1. Oktober 2021.
  • Gesundheitsinformation.de. Stand: 03.04.2023

Text: Lydia Möws