Österreich
Bericht über das Fest für Sebastian (31.05.2025)
Ich hatte mich Ende des Jahres 2024 auf die Mitgliederbroschüre vom Aplastischen Anämie & PNH e.V. gefreut, Neuigkeiten über neue Studien, Behandlungen, die nächsten Patiententage und Treffen der Regionalgruppen zu erfahren sowie einen Rückblick der vergangenen Ereignisse zu erhalten. Es machte mich umso bestürzter zu lesen, dass Sebastian im jungen Alter mit der Erkrankung der Aplastischen Anämie nach einer Stammzelltransplantation durch eine Lungenentzündung Ende September 24 von uns gegangen ist. Da ich las, dass Sebastian mit seiner Mutter Michaela Schmitz die Regionalgruppe Österreich des Aplastische Anämie & PNH e.V. geleitet hatte und Michaela diese Regionalgruppe fortführt, schrieb ich Michaela. Ich drückte ihr mein Beileid bezüglich des Todes von Sebastian aus. So kamen wir in den Austausch über die Aplastische Anämie und wollten uns auch persönlich in Österreich kennenlernen.
Wir, das sind mein Freund und ich, bekamen eine Einladung von Michaela zum Fest für Sebastian. Es war uns eine Ehre eingeladen worden zu sein und wir buchten kurzfristig den Flug sowie die Unterkunft in der Villa Berging, wo die Feier auch stattfand. Ulrike Göbel vom Aplastische Anämie & PNH e.V. und Pascale Burmester von der Stiftung Lichterzellen gaben mir Flyer und Broschüren mit, die ich an Michaela weitergab. Am Donnerstag, 29.5.25 flogen wir schon nach Wien, damit wir in Österreich 2 Tage vor der Erinnerungsfeier ankommen konnten. Die Zugfahrt am Samstag, 31.5.25 mit 40 Minuten vom Westbahnhof Wien nach Neulengbach Stadt ging gut. Wir wurden herzlichst von Sebastians Vater, Rupert Schmitz, mit dem Auto abgeholt. Da wir noch einen kurzen Zwischenstopp bei einem anderen Teilnehmer eingelegt hatten, bekamen wir erste Eindrücke über die Kleinstadt. Neulengbach ist ein ruhiger Ort mit vielen Feldern, Bergen, viel Natur, ein kompletter Kontrast zu den meisten Bezirken der Großstadt Wien.
Angekommen in der Villa Berging wurden wir herzlichst von Michaela und ihrer Familie, ihren Freunden und ihrem Umfeld empfangen. Auch der Hotelbetreiber der Villa Berging kümmerte sich sofort um uns und brachte uns hoch auf unsere Zimmer. Wir waren dankbar, erstmal kurz im Zimmer anzukommen und uns etwas frisch zu machen. Ich ging dann auf die Terrasse, wo wir nicht nur einen schönen Ausblick auf die Berge Neulengbachs hatten, sondern auch von oben sehen konnten, wie noch fleißige Personen beim Fest für Sebastian die Stände mitaufbauten. Wir gingen bald runter, da sich die Begrüßungsrunde um 15 Uhr näherte. Gestärkt mit einem leckerem Getränk von der Bar, stellten wir uns gegenseitig einigen Gästen vor. Meistens wurden wir auch gefragt, woher wir Sebastian kannten. Wir hatten dann erzählt, dass ich Patientin mit der Erkrankung der Aplastischen Anämie aus Deutschland bin und Austausch mit Michaela gesucht und Michaela uns eingeladen hatte. Die meisten waren beeindruckt, dass wir einen weiten Weg auf uns nahmen. Ich selbst war sehr beeindruckt zu sehen, welch unterschiedliche Menschen aus dem Umfeld von Michaela und ihrer Familie an Sebastians Fest teilnahmen wie bspw. Sebastians Friseurin, Psychotherapeutin, Hausarzt und Hausärztin, u.v.m.
Wir begaben uns zu den ersten Stationen und waren fasziniert, was Michaela und ihr Umfeld an Stationen aufgebaut hatten. Überall waren Bilder von Sebastian in großem Format in unterschiedlichen Lebensphasen zu sehen. Bei einer Station lag u.a. Michaelas Buch „Das Leben von Sebastian“ auf dem Tisch und eine Person sah es sich interessiert an. [Anm. der Redaktion: Michaelas und Sebastians Geschichte gibt es auch unter „Stories“ im Blogformat.] Da ich schon in Michaelas Buch über den Umgang mit der Erkrankung von Sebastian reingelesen hatte, konnte ich mich mit der Person darüber austauschen und erzählte auch über meine Krankheitsgeschichte ausführlicher. Ich habe gemerkt, dass ich dennoch am Ende einen Kloß im Hals hatte, weil viele Patienten mit der Aplastischen Anämie so einiges durchmachen müssen, nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Dann hörte ich einen Klang und Michaela eröffnete das Kuchen-Buffet. Mein Freund und ich probierten uns durch die selbstgebackenen, köstlichen Kuchen des Umfelds von Michaela durch und am Tisch kamen auch Fragen zur Aplastischen Anämie. Ich war berührt, dass die meisten Gäste so offen und interessiert waren, mehr über diese Erkrankung zu erfahren. Gleichzeitig war ich froh, dass wir uns mit den Gästen auch über andere Themen unterhalten konnten. Bei der Station des Steinebemalens bspw. kamen wir etwas mehr zur Ruhe und konzentrierten uns darauf, wie wir die Steine bemalen und dabei positive Kraft ausdrücken konnten. Wir entschieden uns für kräftige, bunte Farben und waren mit dem Ergebnis zufrieden. Am Tisch saßen auch Kinder, die freudig malten sowie u.a. Michaelas Bonustochter*, die auch mehr freudige Stimmung am Tisch verbreiten wollte, weil es beim Fest auch um schöne Momente gehen sollte, Momente gemeinsam zu erleben im kreativen Flow. Der Mandala-Teppich sah am Ende sehr schön dekoriert aus.
Die 3 Stunden vergingen sehr schnell und das Abendessen wurde eröffnet. Die vegetarischen Vorspeisen waren sehr lecker und die Hauptspeisen waren auch köstlich. Nach dem Essen gab es ein Abendprogramm. Es wurde ein Gedicht vorgetragen mit musikalischer Begleitung. Es hat mich am Ende sehr gerührt und da kamen dann auf meiner Seite die Tränen. Als Sebastians Vater, Rupert, versucht hatte, eine Rede zu halten, brachen bei mir die Tränen aus. Ich konnte es nicht mehr halten zu sehen, wie Sebastians Familie, Freunde und Umfeld ihn so sehr vermissen. Ich brauchte eine Zeit, um mich etwas zu beruhigen. So viel Wärme, Liebe und gegenseitiges Mitfühlen, das hatte mich total emotional umgehauen. Eine Person performte dann bspw. ihr Lied aus den Charts mit der Gitarre und der Song hatte mich auch sehr berührt. Nach den ganzen Gefühlen wollten wir kurz auf unser Zimmer gehen, etwas uns ausruhen, bevor wir wieder nach unten gingen und einen kurzen Spaziergang auf dem Gelände bei Sonnenuntergang machten. In der Abenddämmerung saßen wir mit Michaelas 2 Freunden, Rupert und seiner Frau an einem Tisch. Wir sprachen nicht nur über die Erkrankung der Aplastischen Anämie, sondern auch über die Kultur Österreichs und so war es bald um 23 Uhr. Wir verabschiedeten uns noch von den Gästen und ich konnte Michaela beim Lagerfeuer sehen und verabschiedete mich kurz von ihr. Es waren innige Momente, die Michaela und ihre Familie und das Umfeld in kleinerer Runde teilen konnten. Wir waren am Ende des Tages sehr platt und dankbar, dass wir in der Villa Berging uns gleich ausruhen konnten. Alle anderen Gäste sind noch nach Hause gefahren, einige gegangen.
Am nächsten Tag konnten wir in Ruhe draußen in der Natur frühstücken und wurden von Michaela und ihrem Mann mit dem Auto abgeholt. Wir konnten noch spontan Zeit miteinander verbringen bei einem Spaziergang durch den Schlosspark in Neulengbach, einem kurzen Museumsbesuch sowie in einem Café. Ich konnte beim Spaziergang mich auch gut mit Michaela über die Erfahrungen der Aplastischen Anämie und dem Fest für Sebastian austauschen, beim Fest für Sebastian hatte Michaela nämlich alle Hände voll zu tun. Es war eine total schöne Geste, dass Michaela und ihr Mann einen neuen Luftballon mit Wunschzettel an Sebastian für uns hochsteigen ließen.
Sebastian behalten wir in unserer Erinnerung als einen Menschen mit einer starken Persönlichkeit sowie einen Kämpfer, der seine Familien miteinander verbunden hat. Nochmals herzlichen Dank an Michaela, ihre Familie und Umfeld, dass wir am Fest teilnehmen durften, mitfühlen durften und uns austauschen durften über die leichten und schweren Dinge im Leben.
*Tochter von Michaelas derzeitigem Mann Udo
Text: Ly Tran
Fotos: Maria Hörmandinger